Mit etwas Verspätung – oder nennen wir es lieber: Zeit zur Reflexion – kommt nun unsere Nachbetrachtung zum wichtigen 2:1 in der Champions League beim FC Sevilla am Dienstagabend. Mit dem Sieg übernehmen wir wieder die Tabellenführung in der Gruppe B und mit nun zwei Heimspielen gegen die Spanier und Lens sind wir in einer sehr guten Position, die K.O.-Phase zu erreichen.
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich nicht so richtig zunversichtlich in die Partie gegangen bin. Dabei waren unsere Leistungen auswärts in dieser Saison eigentlich durchweg erfolgreich. Vielleicht habe ich mich da auch zu sehr von dem 2:2 gegen Chelsea blenden lassen. Aus meiner Sicht waren die ersten 45 Minuten ein Rückfall in alte Zeiten. Klar, im besten Fall ist es ein Ausrutscher gewesen, aber ich hatte befürchtet, dass wir mit der Erfahrung an der Stamford Bridge erst einmal schwierige Minuten in Sevilla überstehen müssen. Aber ich wurde insgesamt eines Besseren belehrt. Ich glaube, dass das 2:1 noch einmal deutlich gemacht haben, dass wir als Verein und als Mannschaft auf einem sehr richtigen Weg sind:
Kontrolle, Kontrolle, Kontrolle – und wenig zulassen: Ein wesentliches Ziel von Arteta in dieser Saison ist es, nicht nur erfolgreich zu spielen, sondern über die 90 Minuten hinweg Gegner zu kontrolieren, dessen Stärken zu eliminieren und möglichst wenig zuzulassen. Wir sind auf einem guten Weg dorthin, aber es ist ein Prozess. Das Spiel bei Chelsea hat es wieder eingerissen, die ersten Heimspiele in dieser Saison waren auch nicht die optimale Blaupause. Dafür fand ich die 90 Minuten in Sevilla aber schon wesentlich näher am Ideal. Sevilla mit einem xG von 0,8. Wir hatten es geschafft, Sevilla zu wenigen Chancen zu mühen, für die sie aber auch ordentlich arbeiten mussten. Das Gegentor fiel nach einem Standard und wenn es mal gefährlich wurde, waren wir meist selbst schuld (Schludrigkeiten von Raya, falsches Stellungsspiel von White). Und viel wichtiger: so eine richtig große Schlussoffensive von Sevilla haben wir nicht zugelassen. Samstag gegen Sheffield zuhause der nächste Versuch.
Declan Rice – jeden Cent wert: Ich hätte nicht gedacht, dass sich Rice so smooth und geräuschlos in das System von Arsenal einfügt. Seine Leistungen in den großen Spielen gegen Manchester United und Manchester City haben seine Qualitäten unter Beweis gestellt. Aber der Dienstagabend war noch einmal eine neue Dimension. Mit einem formschwächelnden Odegaard an seiner Seite und Jorginho, der aus meiner Sicht nie ganz über 90 Minuten sein hohes Niveau halten kann, war es Rice, der in der Schlussphase Löcher zulief und für Entlastung und schlauen Ballbesitz sorgte.
Wir haben Alternativen in der Startelf – und eine fast perfekte Bank: Über verletzte und formschwache Spieler geht es gleich noch ausführlicher. Der Abend in Sevilla hat aber auch eine wesentliche Verbesserung im Vergleich zur Vorsaison gezeigt: Wir können rotieren ohne Qualitätsverlust auf zentralen Positionen. Tomiyasu für Zinchenko, Jorginho für Partey, Trossard für Martinelli, Havertz für Odegaard. Der Kader ist in Breite und Tiefe besser aufgestellt. Und dass momentan für Spieler wie Reiss Nelson, Fabio Viera und Mo Elneny keinerlei Platz ist, mag schade für die Akteure sein, ist aber insgesamt ein gutes Zeichen.
Gabriel Jesus back to his best: Mein Eindruck der bisherigen Saison ist gewesen, dass Jesus nach seiner Verletzung durchaus gute Leistungen gezeigt hat, es fehlte aber so das zündende Spiel, um zu zeigen: Hey, hier bin ich. Ich bin weltklasse und kann Spiele durch meine Qualität ganz alleine entscheiden. Wie clever von Jesus, sich dann gleich die Champions League als Bühne zu nehmen. Wir brauchen die Tore von Jesus in allen Wettbewerben, auch angesichts eines Eddie Nketiah, der seine Form sucht.
Womit wir abschließend noch bei den paar Punkten sind, die irgendwie in die Analyse auch berücksichtigt werden sollten. Zunächst positiv formuliert: Formschwäche von einzelnen Spielern reißt keine Lücke. Feststeht aber auch, dass Odegaard derzeit weit von der Bestform entfernt ist. Er wirkt überraschend blass und unauffällig. Ich hoffe, es ist nichts Gravierenderes. Vielleicht ist etwas Schonung von Nöten. Wieso nicht am Samstag gegen Sheffield? Darüber hinaus ist Thomas Partey mal wieder verletzt. Aus meiner Sicht hilft nur, dass Partey ein Verbot für die Länderspiele bekommt. Sobald er zweimal unter Woche spielen muss, ist er sofort verletzt. Das kann eigentlich nicht angehen. Gerade in der jetzigen Phase mit den vielen Spielen würde er gut gebraucht werden.
Zum Abschluss noch ein kurzer Gedanke zu Eddie Nketiah. Ich hatte es in der letzten Podcast-Episode schon kurz angedeutet: Momentan bin ich von seiner Leistung eher enttäuscht. Quasi null impact von der Bank, aber eben auch nicht wirklich Engagement sichtbar, Räume zu schließen und Gegner unter Druck zu setzen. Wenn Rice nach 90 Minuten frischer und dynamischer wirkt als Eddie 10 Minuten nach Einwechselung, hat Nketiah entweder ein körperliches Problem (nicht gut) oder fehlende Motivation (überhaupt nicht gut). Momentan spielt Eddie so, als wüsste er, dass er ab Januar im Stürmer-Ranking noch einmal einen Platz nach hinten rückt.
In der Champions League sind wir also auf Kurs, hoffentlich auch in der Liga weiterhin. Das wird die Partie am Samstag ab 16 Uhr gegen Schlusslicht Sheffield zeigen. Nach der Kür folgt immer die Pflicht.
#COYG
Felix
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