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Samstag, 22. Dezember, kurz vor Weihnachten, kurz vor 13:00 Uhr Ortszeit im Emirates Stadium. Özil am rechten Strafraumeck. Zieht nach innen, legt sich den Ball kurz vor, und spielt dann einen wunderbaren, präzisen und perfekten Pass auf den von der linken Strafraumseite heraneilenden Kolasinac, der für Aubameyang zum 1:0 ablegt. Mit einem simplen wie unglaublichen Zuspiel nimmt Özil die komplette Verteidigung von Burnley auseinander. Ein Geschenk in goldenem Papier mit extra Schleifchen.

Magic Mesut. Das war mal wieder so ein magischer Moment von Özil, der daran erinnerte, warum er einer der besten Fußballspieler der Welt ist und Arsenal gerade gegen tiefstehende Gegner effektiv helfen kann. Ob das jetzt 350.000 Pfund Wochengehalt im Entferntesten rechtfertigt, müssen andere entscheiden. Es ist und bleibt auf alle Fälle eine Bürde, die das Verhältnis Trainer-Fans-Spieler eine besondere Dynamik verleiht. Özil stand in den letzten Wochen vermehrt in den Schlagzeilen. Nach der guten Leistung gegen Burnley mögen Kritiker und Boulevard vielleicht verstummt sein, aber bestimmt nur vorübergehend. So richtig scheint die Causa Özil auch nicht gelöst zu sein. Aber sie sollte und muss es schleunigst. Sie lenkt von den eigentlichen Problemfeldern des Teams ab und ist darüber hinaus nervig für alle Beteiligten. Hier gilt: Alle sollten sich ein wenig zurücknehmen. Und der Verein benötigt vor allem eine bessere, konsistentere Außendarstellung und Kommunikation. Zuerst ein Blick auf den Protagonisten selbst.

Özil: Es ist hinlänglich bekannt, dass Mesut unter Arsène Wenger viele Freiheiten genoss, seien es freie Extratage oder die ein oder andere Spielpause. So managte der Franzose den Superstar. Sehr lange Leine. Kann man gut oder schlecht finden. Es war die Art und Weise von Wenger. Özil nahm das gerne an. Unter Unai Eméry ist die Leine deutlich kürzer geworden, wenn es sie überhaupt noch gibt. Der Spanier nimmt alle Spieler, egal ob 350.000 Pfund oder 100.000 Pfund Wochengehalt, in die Pflicht. Alle müssen sich dem Erfolg des Teams unterordnen. So radikal der Wechsel von Wenger zu Eméry erscheinen mag: Es ist die verdammte Pflicht von Özil, sich den neuen Gegebenheiten des Teams anzupassen. Er ist Angestellter – sehr gut bezahlt – des Vereins. Punkt. Aus. Vorbei. Für Eméry zählt das Kollektiv. Er achtet auf gute Trainingsleistungen. In einem Interview erzählte der Spanier unlängst, dass dadurch maßgeblich auch seine Aufstellung bestimmt wird. Wenn Özil dann lustlos und unmotiviert durch die Woche trabt, findet er sich eben auf der Bank wieder. Die Zeiten der Diven sind vorbei. Mit seiner angeblich ausbaufähigen Einstellung schadet Özil dem Team – und sich selbst. Denn sowas spricht sich herum. Wo waren denn die Topklubs im letzten Sommer, als Özil vor seiner Vertragsverlängerung stand? Ich habe kein nennenswertes Interesse bemerkt. Ja, Özil schafft wie Samstag gegen Burnley Glanzlichter im Spiel. Doch solche Highlights werden durch die fehlende Einstellung aufgefressen. Eine Woche zuvor in Southampton nach Ballverlust einfach stehen zu bleiben, geht unter Eméry eben nicht mehr. Es dürfte interessant zu sehen sein, ob Özil den Eméry-Weg mitgeht bzw. mitgehen will. Es wäre ihm zu empfehlen. Ansonsten muss der Verein aber ebenso klar sagen: Wenn du nicht willst, brauchen wir dich nicht. Sitzt Özil mit 350.000 Pfund Wochengehalt dann aber an der längeren Leine?

Unai Eméry: Ich mag die Art und Herangehensweise von Eméry, was das Management der Spieler und des Teams insgesamt angeht. Die Zeiten der Wenger-Wohlfühloase sind vorbei. Und genau an diesem Punkt war es notwendig, neue Akzente und Impulse zu setzen. Keiner hat einen wirklichen Stammplatz sicher, im Training muss sich empfohlen werden. Es herrscht wieder Kokurrenzdruck (I am looking at you, Elneny!). Trotzdem war die Kommunikation und Außendarstellung von Trainer und Verein in den letzten Tagen ausbaufähig. Wir wissen nicht, was vermeintlich zwischen Trainer, Team und Özil vorgefallen ist. Aber durch die unklare, ausweichende Kommunikation hat der Verein in dieser Causa Tor und Tür für unnötige Spekulationen geöffnet. Warum nicht gleich so wie am Freitag, als Eméry sagte, dass Özil gebraucht wird und wenn er fit und motiviert ist, auch spielen wird? Mittwoch vor und nach dem Derby im Ligapokal gegen die Spurs klang das noch hinlänglich anders. Özil sei aus taktischen Gründen nicht dabei, hieß es. Kann man sagen – und sicherlich auch rechtfertigen (was allerdings nicht geschah). Dann aber nach dem Spiel so gut wie gar nichts zu Özil zu sagen, gerade wenn die Journalisten natürlich sofort auf sämtliche bereitgestellten Züge aufspringen, war ein großer Fehler. Es wäre besser gewesen, wenn Eméry oder der Verein bereits am Mittwoch gesagt hat, dass es primär taktische Gründe waren (und man meinetwegen vielleicht auch nicht so mit seinem Einsatz im Training zufrieden war), Özil aber, wenn er gut trainiert, für Samstag unbedingt gebraucht wird und auch spielt. Somit hätte man sich zwei Tage von unnötigen und nervigen Spekulationen befreien können. Ich hoffe, dass aus der Situation gelernt wurde (in einer idealen Welt ist jetzt sowieso erst einmal Ruhe rund um Özil).

Die Fans: Fußball ist emotional. Soll es auch sein und bleiben. Aber etwas mehr Demut, Respekt und auch Gelassenheit Spieler und Verein gegenüber sowie untereinander dürfte – und gerade an Weihnachten kann man das ja mal sagen – vielen gut tun. Was an Kritik und Häme nach 22 ungeschlagenen Spielen nach der Niederlage in Southampton von einigen Fans via Internet und Social Media verbreitet wurde, hat mich ratlos zurückgelassen. Sachliche Kritik darf und muss immer sein. Aber Beschimpfungen etc. haben der Verein, Eméry, das Team und auch Özil nicht verdient. Vor dem Boxing Day stehen wir punktgleich mit Chelsea auf Platz 4. Fünf Zähler hinter Platz 3. Drei Punkte mehr als letzte Saison haben wir auf dem Habenkonto. In einer Saison, die als Übergang und Implementierung von Unai Eméry ausgerufen werden muss, ist das mehr als im Soll. Natürlich gibt es noch größere Schwierigkeiten und Defizite. Aber ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass Verein und Trainerteam das ebenso sehen und teilweise ja auch öffentlich schon kundgetan haben. Ständige Kritik, Ratschläge und dergleichen – und meist alles unter dem Niveau der Gürtellinie – sind sowas von fehl am Platz. Özil kann man auch sachlich und argumentativ auseinander nehmen. Leider gab er zuletzt genug Anlass dafür. Hoffen wir auf Besserung. Weihnachten ist ja die Zeit der Besinnung.

Christian meldet sich morgen mit der Vorschau auf das Spiel in Brighton. Und danach gibt es dann auch wieder einen Podcast.

Ich wünsche euch noch erholsame, geschenkreiche und besinnliche Feiertage. Wir hören uns die Tage wieder.

#COYG

Felix