Schon jemand bereit für die neue Premier League Saison 2020/2021? Ich bin es nicht. Dieses Kalenderjahr ist wegen der Corona-Pandemie schon außergewöhnlich genug. Aber Saisonstart jetzt Mitte September, nur wenige Wochen nach dem Triumph im FA-Cup. Ich bin noch nicht annähernd perfekt vorbereitet und eingestimmt. Aber das kommt bestimmt in den nächsten Tagen.
Am Samstagmittag um 13:30 Uhr starten wir bei Fulham in die neue Spielzeit. Christian meldet sich natürlich noch mit der Vorschau zum Spiel. Hier kommt jetzt der generelle Blick auf die neue Saison, mit einigen Prognosen, natürlich vollständig subjektiv und ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Meine Talking Points. Vielleicht helfen die ja euch ein wenig bei Vorbereitung und Vorfreude (ich werde optimistisch enden).
Eine Saison mit vielen Unbekannten
Natürlich nicht nur bei Arsenal, sondern generell in der Liga. Die Corona-Pandemie ist längst noch nicht überstanden, wird unter Umständen sogar im Herbst und Winter wieder ausgreifender. Die Vereine hatten praktisch keine Sommerpause. Die Belastung in der neuen Saison wird immens sein. Das sieht man schon daran, dass die ersten 3 Spieltage in der Europa League innerhalb von 3 Wochen absolviert werden sollen. Betonung liegt auf sollen: Wenn die Fallzahlen in einigen europäischen Ländern nicht signifikant sinken sollten bis Oktober, bleibt es bei einer nett gemeinten Absichtserklärung. Die Stadien werden leer bleiben oder bestenfalls spärlich gefüllt. Die finanzielle Not selbst der Vereine in der Premier League scheint vorhanden zu sein. Von 700 Millionen Euro Verlust war in diesen Tagen die Rede, weil Vereine nicht vor Zuschauern spielen können. Dazu die Befürchtung, dass diese neuen Umstände zu viel mehr Verletzungen als üblich führen (geht das bei Arsenal eigentlich überhaupt?). Es wird eine schwierige und unberechenbare Saison. Wer damit am besten körperlich und mental umgehen wird, dürfte vorne stehen. Körperlich und mental – zwei Begriffe, die in den letzten Jahren spinnefeind mit Arsenal waren…
Die erste komplette Saison unter Mikel Arteta
…womit wir beim nächsten Punkt wären. Wie sehr kann Mikel Arteta dem Team und dem Verein insgesamt den Stempel nicht nur im spielerischen und taktischen Bereich aufdrücken, sondern auch (schon) im mentalen und körperlichen Bereich? Ich bin da sehr zuversichtlich, siehe die Erfolge im FA-Cup und im Community Shield. Dadurch dürfte sich der Spanier einen größeren Vertrauensvorschuss erarbeitet haben als viele vielleicht erwartet hätten. Fraglich bleibt, ob diese neue Philosophie sich über eine komplette Saison hinweg entfalten und festigen kann. Und ob in der ersten kompletten Saison unter Arteta das Personal dafür schon bereit und qualifiziert genug ist.
Die Systemfrage
Welches System will Mikel Arteta spielen? Welches System kann Mikel Arteta momentan mit den verfügbaren Spielern spielen? Die vergangene Spielzeit hat gezeigt, dass diese beiden Aspekte nicht zwingend übereinstimmen müssen. Wir sind noch mitten im Umbruch. Natürlich wurden neue Spieler verpflichtet und Leistungsträger gehalten. Aber ich glaube, dass wir noch weit davon entfernt sind, dass Arteta sein Team auf dem Platz beisammen hat. Also: 3er-Kette oder 4er-Kette. Meine Prognose ist, dass wir weiterhin mit einer 3er-Kette starten, langfristig aber auf eine 4er-Kette – manche würden spöttisch sagen: so wie bei Manchester City – umstellen werden. Ich bin gespannt, wie schnell dieser Prozess gelingen wird.
Et tu, Mesut? Was machen wir mit Özil?
Ich dachte, dass ich, bevor es hier zu optimistisch und zuversichtlich wird, mal gleich die Stimmung etwas senke und die Thematik rund um Mesut Özil noch einmal anspreche. Fakt ist: Özil ist da. Ein Wechsel ist sehr unwahrscheinlich. Was stellen wir also mit 350.000 Euro pro Woche Gehalt so an? Meine Prognose: Ich denke, dass Özil unter Arteta noch einmal eine letzte Chance bekommt. Arteta spricht sehr häufig davon, dass alle Spieler zu Beginn einer Saison wieder bei null starten (also außer Aubameyang vielleicht) und ihn neu fortwährend überzeugen müssen. Warum sollte das für Özil nicht auch gelten? Die Frage ist: Welches Risiko geht Arteta ein, wenn er Özil noch einmal eine Chance gibt (oder eben gar keine Chance)? Untergräbt das seine Glaubwürdigkeit, weil er Özil im Frühjahr und Sommer zuletzt nicht berücksichtigt hat. Ich sehe da schon eine kleine Gefahr, dass das Thema zumindest medial wieder durch das Dorf getrieben wird. Arteta hat aber genug Kredit mittlerweile angehäuft. Und er kann dann selbstbewusst sagen: Ich habe es euch ja gesagt. Mesut Özil sollte besser seine letzte Chance nutzen, wenn er in der Vereinshistorie noch einen größeren Platz einnehmen möchte.
Die Torwart-Frage: Leno oder Martinez?
Kaum ein Thema wird derzeit so leidenschaftlich unter Arsenal-Fans diskutiert wie die Frage der Nummer 1 im Tor. Wen stellt Arteta am Samstag zwischen die Pfosten? Und ist damit die Frage nach der Nummer 1 vorerst beantwortet? Vieles wird sowieso von einem Verbleib oder Wechsel von Martinez abhängen. Aston Villa scheint ja sehr interessiert zu sein. Und ich habe Zweifel, ob Arsenal angesichts von Bernd Leno als wirklich guter Nummer 1 bei Martinez finanziell bis an das äußerste gehen wird, um ihn langfristig zu halten. Ich bin wirklich zwiegespalten bei dieser Thematik. Einerseits hat mich Martinez vollends überzeugt. Aber Leno ebenso. Ich glaube, dass zwei Torhüter auf diesem Top-Niveau auch hilfreich sind für einen Verein, aber Arsenal dann wohl doch finanziell zu restriktiv sein muss als eventuelle 20 Millionen für Martinez vielleicht nicht anzunehmen. Sollte Leno am Samstag spielen, wäre das schon ein erstes größeres Indiz.
Acht Innenverteidiger sollt ihr sein! Wer geht, wer bleibt?
William Saliba, Rob Holding, Gabriel, Sokratis, Calum Chambers, Pablo Mari, Mustafi, David Luiz! Man kann nicht sagen, dass wir zu wenige Innenverteidiger haben. Da wird und muss es also Abgänge geben. Aber die Situation ist tricky. Sokratis wird definitiv den Verein verlassen, da wird man sich mit dem SSC Neapel schon einig werden, allein um mal ein Zeichen zu setzen und einen Spieler abzugeben. Saliba, Gabriel, Mari und David Luiz sind gesetzt. Rob Holding stand lange auf der Liste für einen Wechsel oder zumindest eine Leihe, Newcastle sei ja interessiert gewesen. Doch offensichtlich wird daraus nichts. Ja, und dann? Mustafi verletzt? Chambers verletzt und lange nicht gespielt? Finden wir dafür Abnehmer? Ich glaube, das wird sehr schwierig. Sieben Innenverteidiger also. Magnificent seven! Gut, Holding kann auch Außen spielen. Luiz und Mustafi haben nur noch Verträge für diese Saison. Da wird der richtige Umbruch also wohl um eine Saison vertagt (oder man versucht im Januar einige Spieler noch zu verkaufen).
Die Saliba-Gabriel-Partnership
Ich muss schon lange suchen, bis ich Entwicklungen und Aspekte gefunden habe, die bei mir eine gewisse Spannung und Vorfreude auslösen. Aber unsere beiden neuen Innenverteidiger sind es definitiv. Aber auch diesbezüglich ergeben sich jede Menge Fragen: Erwarten wir als Fans zu viel von den beiden ohne eine einzige Minute Premier League bisher? Treten Sie nur als Duo auf oder sind es auch großartige Solisten? Seit der Kombination Mertesacker-Koscielny fehlt Arsenal eine solide und starke Innenverteidigung, eine Achse. Vielleicht legen Saliba und Gabriel in dieser Saison die Basis für eine neue. Sie sind jedenfalls schon jetzt die Zukunft des Vereins.
David Luiz, der Anker
Seien wir doch mal ehrlich: Sportlich gesehen gab es jetzt nicht allzu viele Gründe, den Vertrag mit David Luiz zu verlängern. Natürlich hat er in einigen wichtigen Spielen auch überzeugt, aber ebenso sehr waren Platzverweise und verursachte Elfmeter im kollektiven Gedächtnis. Über die Qualitäten auf dem Platz kann man also streiten bei David Luiz, auf seinen extrem wertvollen Beitrag für das Team neben dem Platz offensichtlich nicht. Er wird durchweg gelobt, weil er die neuen Spieler integriert, weil er ein wichtiger Ansprechpartner für Arteta ist zwischen Trainerteam und Mannschaft – und er hat natürlich bei allen Defiziten auf dem Platz jede Menge Erfahrung. Insofern ist es sicherlich schon jetzt richtig gewesen, Luiz an den Verein noch zu binden. Trotzdem können es weniger Platzverweise und verschuldete Elfmeter gerne werden.
Der Standard bei Arsenal: Standardschwäche
Wenn es einen Aspekt bei Arsenal gibt, bei dem ich besonders eine Verbesserung im Vergleich zur letzten Saison sehen möchte, dann ist es unser Defensivverhalten bei Freistößen und Ecken (und irgendwie auch bei Flanken). Mit Andreas Georgson haben wir ja den Trainer für Standardsituationen aus Brentford verpflichtet. Und damit ist alles gesagt: Es muss schlicht besser werden. Wenn wir weiter vorne mitspielen wollen, ist das der dringendste Berich für eine signifikante Verbesserung.
Give me some creativity in Midfield!
Bleiben wir beim Thema Verbesserungen: Häufig wurde sich in der letzten Saison darüber beklagt, dass im Mittelfeld schlicht nicht genug Kreativität vorhanden war. Das mag auch – ich betone auch – am Fehlen von Mesut Özil gelegen haben. Mit der Dreierkette kommt zudem ein Mann im Mittelfeld zentral abhanden. Wer sorgt also für die Torvorbereitungen und für die Torgefahr aus dem Mittelfeld heraus?… … … … Tja. Guendouzi wird es nicht sein. Özil vielleicht? Sonst sehe ich da momentan niemanden, der zentral und kreativ die Fäden zieht. Ceballos in Ansätzen vielleicht noch. Kurzum: Da ist auf dem Transfermarkt noch Handlungsbedarf, was der Verein ja offensichtlich auch so sieht. Stichwörter: Partey, Houssem Aouar.
Aubameyang – and who next?
Die spärliche Vorbereitung hat schon gezeigt: Aubameyang ist eine Tormaschine. Und muss es auch in den nächsten Jahren bitte bleiben. Und hoffentlich – jede Nacht Stoßgebete – bleibt er gesund und fit. Denn bei aller Kritik wegen zu vieler Gegentore und fehlender Kreativität im Mittelfeld darf auch nicht übersehen werden, dass wir notorisch Tore auf sehr wenige Schultern in der letzten Saison verteilt haben. Wo liegen die Hoffnungen, dass es besser wird? Ich hoffe sehr auf Pepe, der eigentlich überall eine stärkere zweite Saison nachgelegt hat. Das wäre wichtig. Die Form wurde ja zuletzt schon besser und konstanter. Reizend wäre auch, wenn Alexandre Lacazette noch einmal zu alter Stärke zurückfinden könnte. Und vielleicht Nketiah?
Who becomes the next Saka?
Womit wir beim Thema Jugend wären. Saka hatte in der letzten Saison seinen Durchbruch geschafft. Jetzt muss er im schwierigen zweiten Jahr das bestätigen. Ich bin optimistisch, dass wir da ein ganz großes Juwel im Team haben, um das uns in einigen Jahren viele Top-Klubs in Europa beneiden. Aber wer schafft den Durchbruch als nächster? Potential ist vorhanden, Nketiah hatte ich schon erwähnt, dazu Smith-Rowe, Reiss Nelson, Martinelli, Joe Willock. Die Kollegen von neunzigplus orakeln, dass Nelson, Nketiah und Willock gemeinsam vor einer entscheidenden Saison stehen, quasi am Scheideweg, wie das immer so komisch heißt. Richtig Optimismus für einen Durchbruch wird bei allen drei aber nicht gesehen. Ich lehne mich mal etwas weiter aus dem Fenster: Ich glaube, dass das die Saison für Reiss Nelson wird. Keine Ahnung, warum. Er ist jetzt halt dran. Er hat die Anlagen. Offensichtlich – siehe Community Shield – auch das Selbstvertrauen. Er wird angesichts des dichten Spielplans mehr Einsatzzeit bekommen. Sein Verhältnis zu Arteta scheint exzellent zu sein. Eigentlich alles gewinnbringende Zutaten. Aber haben wir bei Arsenal leider schon zu häufig gesagt. Jetzt muss es halt mal wieder klappen.
Doppelbelastung: Weg mit dieser Europa League!
Momentan habe ich sowieso Zweifel, dass eine Europa League ab Oktober ordnungsgemäß durchgeführt werden kann. Aber das werden wir besprechen, wenn es wirklich so weit ist. Für mich sollte der Fokus ganz klar diese Saison auf der Liga stehen. Ich wäre über ein Ausscheiden aus der Europa League – meinetwegen schon nach der Gruppenphase – auch nicht traurig. Klar wären das finanzielle Einbußen, aber wir sollten uns auf die eine Hochzeit konzentrieren. Und wenn absehbar ist, dass wir gute Chancen haben, vielleicht unter die Top Four zu kommen, sollte alles andere untergeordnet werden. Europa League gewinnt sowieso der FC Sevilla.
Und zu guter Letzt!
Kolasinac – Ich hoffe, er findet einen neuen Verein, der sich ihn leisten kann.
Maitland-Niles – Schwierig. Ich würde ihn gerne behalten. Arteta ja wohl auch. Aber beim richtigen und lukrativen Angebot….
Überraschung der Saison: Irgendein Outfit von Hector Bellerin plus Kieran Tierney natürlich. Zumindest hoffe ich das sehr. Er wird langsam zu meinem Lieblingsspieler.
Saisonprognose: Top Four wäre toll. Man wird abwarten. Direkte Qualifikation für die Europa League sollte es schon werden.
In diesem Sinne: Wir, also Christian und ich, werden das wie immer in aller Ausführlichkeit beleuchten, in schriftlicher und audiovisueller Form. Mit einigen Neuerungen, die wir nach und nach einbauen. Soweit es die Zeit zulässt.
Es geht für mich jetzt aber erst einmal ein paar Tage in den Urlaub. Konnte ja keiner ahnen, dass im September die Saison startet.
Auf eine spannende, unterhaltsame und hoffentlich erfolgreiche Saison für uns alle! Bleibt gesund!
#COYG
Felix
Gefällt mir:
Like Wird geladen …