Es gibt wenige Momente aus den letzten Jahren im kollektiven Gedächtnis der Arsenal-Fans, die zumindest bei mir weiterhin sehr viel Freude und Begeisterung auslösen: der Sieg im FA-Cup 2017, das 2:1 gegen Chelsea durch die Treffer von Sanchez und Ramsey. Ersatzgeschwächt in dieses Endspiel gegangen, die Blues waren der klare Favorit – und dann bekommen wir durch eine taktisch disziplinierte und kämpferisch leidenschaftliche Leistung verdient den Pokal überreicht.
Und damit wären wir schon bei der Person und dem Fußballer Per Mertesacker, denn dieser Nachmittag im Mai in Wembley ist vielleicht wie keine 90 Minuten vorher Sinnbild der Karriere und der großartigen Eigenschaften vom Big Fuckin‘ German. Vorher in keinem Saisonspiel gestartet, schon gar nicht mit Rob Holding als Partner in der Innenverteidigung. Und dann macht unser Kapitän vielleicht eines der Spiele seines Lebens, wirft sich in jeden Schuss, überzeugt durch sein bekanntes Stellungsspiel, dirigiert Abwehr und Mannschaft insgesamt und stellt bis auf ganz wenige Ausnahmen Diego Costa so ziemlich in den Schatten. Die Befürchtungen der Arsenal-Fans vor dem Finale waren groß, was gar nicht unbedingt an der Personalie Mertesacker festzumachen war. Die Saison lief nicht gut, Mertesacker war mehr oder weniger von der Bildfläche verschwunden. Am Ende hat er es dann noch einmal allen gezeigt. 3 FA-Cup Siege, 2014, 2015 und 2017. In den ersten Spielzeit sorgte Mertesacker mit seinem Treffer gegen Wigan überhaupt dafür, dass wir ins Finale einziehen konnten. 2015 traf er selbst im Finale. Und zu 2017 ist alles gesagt.
156 Spiele für Arsenal von 2011 bis 2018. 6 Tore, seine ersten beiden Treffer gegen die Spurs. Angemessen. 3 Siege im FA-Cup. Dazu Weltmeister 2014, 104 Länderspiele. Was für eine Karriere.
Irgendwie steht die Person Per Mertesacker ein wenig auch für meine eigene Fußballfanhistorie. Ich bin in Hannover geboren, Mertesacker in Pattensen, ein Vorort südwestlich der Stadt. Ich konnte mich nie für Hannover 96 erwärmen, seit Jugendzeiten schlägt mein Herz für Werder. Wie gut, dass Mertesacker 2006 zu Werder wechselte und dort zum Führungsspieler reifte. Und dann noch 2011 zu Arsenal. Mertesacker war fast immer da, wo ich Fußballspielern zujubelte und mit ihnen trauerte. Denn auch in der Karriere von Mertesacker gab es viele Höhen und ein paar Tiefen. Denn das am Ende seiner Zeit bei Arsenal nur drei Pokalsiege auf der Habenseite stehen, verdeckt viele Enttäuschungen.
Aber auch mit diesen ging der Spieler und Mensch Per Mertesacker so souverän, abgeklärt und reflektiert um wie kaum ein anderer deutscher Spieler in den letzten Jahren. Mertesacker war und ist für viele ein Vorbild – auf und neben dem Platz. Am Samstag gab Mertesacker in der HDI-Arena in Hannover sein Abschiedsspiel. Wenger war da, Kieran Gibbs, Jens Lehmann, viele Stars von Werder und Freunde von Hannover 96. Es war die perfekte Szenerie für seinen Abschied. Wolkenloser Himmel, 28 Grad. 40000 Zuschauer bei einem Abschiedsspiel. Am Ende gewannen die Weltstars 10:9 gegen Mertes 96-Freunde. Das Ergebnis war zweitrangig. Mertesacker absolvierte eine emotionale Ehrenrunde und gab eine IMHO fantastische Abschiedsrede, die nochmal deutlich machte, dass da nicht nur ein sehr guter Fußballspieler spricht, sondern auch ein ziemlich intelligenter Mensch. Ein Junge aus Hannover, der es zunächst ziemlich mühselig und entgegen seiner Erwartungen und vielleicht auch die seiner Familie, insbesondere seines Vaters, dann doch auf die Fußball-Weltbühne geschafft hat.
Am Samstag war alles andere nur ein kleine Randnotiz. Scooter in der Halbzeitpause, die Eistonne (WM 2014 gegen Algerien), der Oktober-Sonnenschein, der sich wie Hochsommer anfühlte. Mertesacker stand im Mittelpunkt. Und man merkte ihm an, dass er die ganz große Öffentlichkeit zwar nicht mehr scheut, er aber ungerne ganz alleine im Fokus stehen möchte, was definitiv keine ganz so schlechte Eigenschaft ist. Wenger war ebenfalls in Hannover und wurde vom Stadion ebenso gefeiert. Da liefen mir fast die Tränen über das Gesicht. Schön beide nochmal live gesehen zu haben. Und dann sollten die letzten Worte hier auch Wenger gehören, von Trainer-Legende zu Spieler-Legende. Wenger sagte am Samstag:
Was er geleistet hat in seiner Karriere, ist hervorragend. Wir Trainer verlangen, dass die Spieler das Maximale aus sich herausholen – und in diesem Gebiet ist er ein Beispiel. Er war immer zu 100 Prozent professionell und konzentriert. Er hat eine große Rolle in der Kabine gespielt, indem er die Mannschaft immer zusammengehalten hat. Für einen Trainer ist das großes Glück.
Danke Per. Danke #BFG. Schön, dass du Arsenal erhalten bleibst.
Felix
Gefällt mir:
Gefällt mir Wird geladen …